Kinder haben Rechte – auch in den sozialen Medien

Johannes Wentzel - Bild:(c)-EIBNER-Marcel-Doerder

„Immer wieder hören wir davon, dass Kinder durch die sozialen Medien bedrängt, belästigt werden“, sagte Marie-Theres Kastner, Vorsitzende der Katholischen Elternschaft Deutschlands (KED) im Bistum Münster zu Beginn der digitalen Infoveranstaltung „Persönlichkeit verletzendes Verhalten im Internet – Wie und wer hilft den Betroffenen?“. Die Kinder seien verstört, verletzt und wüssten sich oft nicht zu helfen. „Es bedarf immer wieder eines großen Leidensdrucks, bis sich Kinder und Jugendliche Erwachsenen offenbaren.“

„Das Recht auf freie Persönlichkeitsentfaltung endet dort, wo die freie Persönlichkeitsentfaltung einer anderen Person eingeschränkt wird“, betonte Johannes Wentzel, selbständiger Medienreferent in Münster, zu Beginn seines Vortrags den über 300 Interessierten. „Und Persönlichkeitsrechte sind ein fundamentales Recht. Sie fußen auf unserem Grundgesetz.“ Jeder habe das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit.

„`Geh sterben, du Opfer!´, das ist online schneller und gedankenloser geschrieben, als direkt ins Gesicht gesagt. Auch Dick-Pics oder Hitler-Mems finden nicht alle im Klassenchat lustig“, zeigte Wentzel die Gefahren auf, denen sich die Kinder täglich in den Sozialen Medien ausgesetzt sehen: Schlagworte wie „Cyber-Mobbing“ und „Cyber-Grooming“, die gezielte Anbahnung sexueller Kontakte mit Minderjährigen, sollten allen Eltern ein Begriff sein.

Es gehe jetzt darum, die Jugendlichen für diese Themen zu sensibilisieren und bei Ihnen Fähigkeiten zu entwickeln, trotz Mobbing, Pornos, Abzocke, Beleidigungen und Unwahrheiten, „sich dagegen zu Wehr zu setzen und eine Resilienz dagegen zu entwickeln“. Um zu lernen, wie man damit umgeht, dazu brauche es Eltern und Lehrerinnen und Lehrer, die vor dem Problem nicht die Augen verschlössen. Ihnen sagen, dass „ihr Rechte habt, wenn man euch beleidigt, anmacht, pornographische Inhalte zuschickt oder einfordert. Und dass es nicht witzig ist, Pornobilder im Klassenchat zu verschicken, sondern nach §184 der deutschen Strafgesetzordnung eine Straftat, die zur Anzeige gebracht werden kann.“

Das seien Fragen, mit denen sich viele Kinder nicht beschäftigen. Und ihre Eltern auch nicht. Gerade das sei das Problem, so Wentzel weiter. Vielfach kennen sich die Mütter und Väter auch nicht aus. „Und zum Beispiel WhatsApp oder das Handy ganz verbieten, bringt nichts.“. Lieber sollten die Eltern mit ihren Kindern im Dialog bleiben. Sie sollten versuchen nachzuvollziehen, was den Nachwuchs so an sozialen Netzwerken und anderen Inhalten fasziniere und was er dort mache. Die wichtigste Botschaft, die Eltern ihren Kindern vermitteln könnten, so Wentzel: „Denk’ nach, bevor du was ins Netz stellst. Denn das Netz vergisst nie.“ Diesen Spruch müssen sich die Mädchen und Jungen verinnerlichen. „Das Netz ist kein rechtsfreier Raum.“

Vielmehr sollten die Eltern ihre Kinder auch im Netz begleiten und da hinterher sein. Sich gemeinsam mit den Gefahren aber auch den Möglichkeiten auseinanderzusetzen, Interesse zeigen für das, was das Kind umtreibt. Sich über die Apps informieren, was für Inhalte die verbreiten und können. „Auch wenn ich das früher nicht hatte, für die Kinder heute gehört es ganz selbstverständlich dazu. Ohne Neugier der Eltern geht es nicht – und nicht ohne Regeln: Grenzen aufzeigen, Nutzungszeiten festlegen, das eigene Medienverhalten in den Blick nehmen. „Auf den Punkt gebracht: die eigene Medienkompetenz stärken und sich gegenseitig fit machen“, nahm er die Eltern in die Pflicht.  

„Wenn im Chat Grenzen überschritten werden, stark sexualisierte Inhalte verschickt werden und du sagst: das geht mir zu weit. Das ist ekelig. Ich will das nicht: du kannst dich dagegen wehren. Du bist dem nicht schutzlos ausgeliefert.“ Es gebe Filter (mehr dazu unter www.klicksafe.de oder www.ins-netz-gehen.de), die Eltern zusammen mit den Kindern aktivieren können, um sich zu schützen.

Gleichzeitig sollen die Eltern ihren Kindern und Jugendlichen signalisieren: Auch wenn es peinlich ist, komm zu uns. Wir können darüber reden. Wir sind für dich da. Und dass Eltern mit ihren Kindern im Gespräch bleiben, sich Dinge zeigen lassen, kritisch sein und klare Regeln aufstellen sollen. Hilfreiche Infos zu verschiedenen Apps finden sich auf www.handysektor.de oder www.spieleratgeber-nrw.de . „Think before you post!“ fasst Wentzel zusammen, worauf es ankommt. Schließlich gelten im zwischenmenschlichen Miteinander „offline“ und „online“ dieselben Regeln. „Denn eins ist klar: Die neuen Medien gehören zur jungen Generation. Mit ihren Risiken, aber auch mit ihren Chancen. Die Risiken gilt es zu minimieren, die Chancen hervorzuheben.“