„Wir leben in einer Zeit, in der ein einziger Klick im Internet und den Sozialen Medien weitreichende Konsequenzen haben kann“, sagte Marie-Theres Kastner, Vorsitzende der Katholischen Elternschaft Deutschlands (KED) im Bistum Münster zu Beginn der digitalen Infoveranstaltung „Junge Menschen stark machen gegenüber digitaler Gewalt“ zu den über 180 Teilnehmenden. Themen wie Cybermobbing und Cybergrooming würden insbesondere Eltern und Lehrkräfte vor enorme Herausforderungen stellen. Denn nur durch Aufklärung und Prävention könnten Kinder und Jugendliche geschützt werden. Daher hat die KED im Bistum die Rechtsanwältin Gesa Gräfin von Schwerin als Referentin eingeladen, die es sich mit ihrem Unternehmen ´Law4school` zur Aufgabe gemacht hat, über die Gefahren und das richtige Verhalten innerhalb der digitalen Welt zu informieren, um Selbstwirksamkeit und Resilienz der Schülerinnen und Schüler zu stärken. Law4school bietet für Schulen bundesweit Live-Webinare und ein Streaming-Angebot, in denen die rechtlichen Aspekte digitaler Gewalt und Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren, in einfachen Worten Schülern, Eltern und Lehrkräften von Rechtsanwältin von Schwerin anhand praktischer Fälle erläutert werden.
Im Jahr 2007 wurde die auf digitale Gewalt spezialisierte Rechtsanwältin in Rostock mit einem Cybermobbing-Fall konfrontiert, der sie schockiert und zur Gründung ihres Unternehmens ´Law4school` veranlasst hat. Zwei Schüler wurden bei SchuelerVz.de auf schlimmste Art und Weise diffamiert und durch den Dreck gezogen.
Mobbing habe es immer schon gegeben. Doch wenn früher jemand psychisch verletzt wurde, dann standen sich Täter und Opfer gegenüber. Man sah, wie schlecht es ihm oder ihr damit ging, wie er weinte, und man konnte Mitleid und Mitgefühl entwickeln. Das sei heute anders. Heute würden die Täter vor dem Computer oder am Smartphone sitzen und seien weit weg von dem Menschen, den man sich als Opfer auserkoren habe. Jemandem etwas Verletzendes ins Gesicht zu sagen, das „erfordert Mut“, erklärte von Schwerin. Hinter dem Smartphone könne man sich dagegen feige verstecken.
Doch was kann man tun, damit es gar nicht erst soweit kommt? „Das Wichtigste ist und bleibt, dass wir mit unseren Kindern im Gespräch bleiben, dass wir uns dafür interessieren, was sie mit dieser Technik tun.“ Denn es sei „Technik von Erwachsenen für Erwachsene“ und habe in Kinderhänden und insbesondere in Grundschulkinderhänden nichts zu suchen.
Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht
Wenn Großeltern ihren Enkeln ein Handy schenken, sei das zwar gut gemeint, habe aber weitreichende Folgen, erklärte die 57-Jährige. Kinder und Jugendliche hätten ihre eine eigene Art, mit dem Handy umzugehen. Erwachsene könnten zwischen der digitalen und der realen Welt unterscheiden. Bei Kindern und Jugendlichen gebe es diese Trennung nicht. „Beide Welten verschmelzen zu einer.“ Umso wichtiger sei es, dass Kinder im Umgang mit dem Handy von Anfang an von ihren Eltern begleitet und aufgeklärt werden. Denn eines ist sicher: Kinder kommen früher oder später mit digitaler Gewalt und Cybermobbing in Kontakt. Über AirDrop, Bluetooth oder Klassenchats auf WhatsApp würden verletzende oder verunglimpfende Videos und Sticker geteilt.
Ihren Eltern würden die Kinder und Jugendlichen oftmals nichts davon erzählen, was ihnen alles zugeschickt würde und was sie zu sehen bekämen. Die Gründe seien vielfältig: So wollen diese ihre Eltern nicht enttäuschen, weil sie sich schämten oder ihnen gedroht werde. „Cybermobbing muss ernstgenommen werden“, appellierte Gesa von Schwerin an alle Teilnehmenden. Auch wenn viele Apps zwar erst ab 16 Jahren freigegeben seien, würde diese aber oft schon von Grundschulkindern mit oder ohne Wissen der Eltern genutzt. Anhand zahlreicher Beispiele erläuterte die Referentin, wie Menschen durch die digitale Verbreitung von Texten, Bildern oder Filmen beschämt, gedemütigt oder belästigt werden können.
Schulen könnten hier einen wichtigen Beitrag leisten. So sei die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schulen wesentlich, um ein Bewusstsein für die Gefahren des Internets zu schaffen und gegen Cybermobbing vorzugehen. Gleichzeitig ermutigte die Anwältin die Opfer von Cybermobbing, selbst etwas gegen die Täter zu unternehmen: Zum einen sollten sie sich einen Anwalt suchen, wenn der Täter sein Verhalten fortsetzt. Dieser könne Abmahnungen verschicken. Opfer könnten darüber hinaus auch zur Polizei gehen und eine Strafanzeige stellen. Ab 14 Jahren gelten Jugendliche als strafmündig. Zivilrechtlich sind sie jedoch auch schon vor dem Alter von 14 Jahren rechtlich verantwortlich und können abgemahnt werden.
Hilfe für Betroffene
Anonyme Hilfeseiten im Internet: Die Website klicksafe.de hilft dabei, Nacktfotos von Minderjährigen aus dem Netz zu nehmen, die Nummer gegen Kummer 116 111 unterstützt sowohl Eltern als auch Kinder bei psychischen Problemen, genauso wie krisenchat.de. Die Seite hateaid.org, bietet Beratung für Betroffene ab 18 Jahren an.